LIFE AskREACH: Prüfung auf schädliche Chemikalien in Sport- und Freizeitartikeln

Reprotoxische Weichmacher in Sportartikeln gefunden

„Im neuen Jahr möchte ich mehr Sport machen“ – das war vermutlich auch in diesem Jahr der Neujahrsvorsatz vieler Menschen. Und da Fitnesscenter und andere Sporteinrichtungen aktuell geschlossen sind, richten sich viele zu Hause einen eigenen Fitnessraum ein. Doch ein vom europaweiten Projekt LIFE AskREACH (finanziert durch das LIFE-Programm) durchgeführter Test hat in einigen Sportartikeln einen hohen Schadstoffgehalt aufgedeckt. Als Partner des AskREACH-Projekts nahm das Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST) an diesem umfangreichen Artikeltest teil.

Geprüft wurden Gymnastikbälle, Yogamatten, Hanteln, Springseile, Schwimmgeräte, Wasserflaschen und Turnschuhe, die in 13 europäischen Ländern gekauft wurden. Insgesamt wurden 82 Proben in einem unabhängigen akkreditierten Labor auf besonders besorgniserregende Stoffe (SVHC) wie Weichmacher, Flammschutzmittel, Schwermetalle oder Alkylphenole analysiert. Die Proben wurden unabhängig von Marke oder Händler mit Fokus auf Weichkunststoffartikel gekauft.

SVHC wurden in 20 Proben (24 %) nachgewiesen. Neun Proben (11 %) wiesen einen SVHC-Gehalt von über 0,1 % auf, was bedeutet, dass der jeweilige Hersteller gemäß der EU-REACH-Chemikalienverordnung die Pflicht hat, auf Anfrage des Verbrauchers über das Vorhandensein der Stoffe zu informieren. Allerdings kam keiner der Hersteller seiner rechtlichen Verpflichtung nach, auf unsere Ersuchen hin Informationen über problematische Chemikalien in ihren Artikeln zu übermitteln.

Darüber hinaus enthielten sieben Artikel die Weichmacher DEHP oder DIBP, deren Verwendung in der EU aufgrund ihrer reprotoxischen und endokrin schädigenden Eigenschaften eingeschränkt ist. Artikel, die diese Stoffe in Konzentrationen von über 0,1 % enthalten, sind seit Juli 2020 nicht mehr auf dem Markt zugelassen. DIBP wurde jedoch in Konzentrationen von 41 % in einem Pilates-Ball und von 35 % in einem Übungsball gefunden.

Ein weiterer Artikel enthielt kurzkettige Chlorparaffine (SCCP), die sehr persistent sind und in der Umwelt verbleiben. Sie unterliegen dem Stockholmer Übereinkommen und sind weltweit in Artikeln in Konzentrationen von über 0,15 % verboten. Trotzdem enthielt ein Springseil SCCP in einer Konzentration von 2,6 %.

Bei allen gekauften Artikeln wurde gemäß REACH ein Ersuchen um Informationen zu besonders besorgniserregenden Stoffen an den Händler gesendet. Die meisten Händler reagierten nicht innerhalb der 45-tägigen gesetzlichen Frist und mussten erinnert werden. Fast die Hälfte von ihnen (44 %) lieferte schließlich Informationen über SVHC in ihren Artikeln. Es sei darauf hingewiesen, dass Verkäufer von Artikeln, bei denen unsere Tests SVHC-Konzentrationen von über 0,1 % ergaben, erklärten, dass es in diesen Artikeln keine derartigen Stoffe gebe. Dies zeigt, wie schwierig es ist, Informationen über die verkauften Artikel zu erhalten, auch für Händler.

Die Testergebnisse zeigen, wie schwierig es ist, die REACH-Strategie der EU umzusetzen, die die freiwillige Substitution von SVHC in Konsumgütern fordert. Stoffe wie reprotoxische Weichmacher, persistente Paraffine oder krebserzeugende Flammschutzmittel finden sich weiterhin in Artikeln. Die Kommunikation mit Unternehmen über die Zusammensetzung ihrer Artikel ist kompliziert und Händler wissen oft nicht, was ihre Artikel enthalten.

Sowohl von Unternehmen als auch von den Vollzugsbehörden müssen in mehreren Bereichen Schritte zur Umsetzung von REACH unternommen werden, um die Substitution von SVHC in Alltagsartikeln zu erreichen. Zunächst müssen Kenntnisse über den SVHC-Gehalt in Artikeln entlang der Lieferkette gewonnen werden.

Das Projekt LIFE AskREACH zielt darauf ab, sowohl Verbraucher als auch Unternehmen zu unterstützen, indem es das Bewusstsein für den „Informationsanspruch“ über SVHC sowie die „Informationspflicht“ schärft. Mithilfe der Smartphone-App „Scan4Chem“ und einer Artikeldatenbank kann die Kommunikation nicht nur zwischen Verbrauchern und Unternehmen, sondern auch entlang der Lieferkette verbessert werden.

Wir fordern die Verbraucher nachdrücklich auf, bei jedem Kauf die Scan4Chem-App zu nutzen und Informationen über alle Artikel anzufordern, die sie interessieren. Das Reaktionsverhalten von Unternehmen wird sich nur verbessern, wenn sie von Kunden mit diesem Thema konfrontiert werden. Verbraucher können Händlern zeigen, dass sie keine SVHC-haltigen Artikel kaufen wollen!

Für alle, die sich fit halten wollen, gibt es hier noch ein paar Tipps für ein sicheres Training:

  • Vermeiden Sie Artikel aus Kunststoff, insbesondere Weich-PVC oder billige Artikel aus dunklem Hartkunststoff. Geben Sie stark riechende Kunststoffartikel an den Händler zurück.
  • Achten Sie auf Umweltzeichen wie das EU-Umweltzeichen oder den Blauen Engel.
  • Scannen Sie Artikel, die Sie kaufen möchten, mit der Scan4Chem-App und senden Sie eine SVHC-Anfrage an den Verkäufer oder Hersteller des Artikels. So zeigen Sie Unternehmen, dass Sie als Verbraucher sichere Artikel wollen!

Lieferanten können zum AskREACH-Projekt beitragen, indem sie ihre Artikel registrieren und in die AskREACH-Datenbank hochladen (Kontakt: companies@askreach.eu). Während des Projektzeitraums können Unternehmen zudem kostenlos ein Best-Practice-IT-Tool für die SVHC-Kommunikation in der Lieferkette testen (Kontakt: askreach@sofia-research.com).

Weitere Details zu den Tests finden Sie im AskREACH-Bericht: LIFE AskREACH-Tests - Sport- und Freizeitartikel.

Weitere Informationen:

Gesetzliche Grenzwerte:

SHVC (besonders besorgniserregende Stoffe): Wenn Artikel SVHC in Konzentrationen von über 0,1 % (Massenanteil) enthalten, ist der Hersteller oder Verkäufer des Artikels verpflichtet, diese Information auf Anfrage eines Verbrauchers zur Verfügung zu stellen (REACH-Verordnung).

Vier Phthalate (DEHP, DBP, BBP und DIBP) sind seit Juli 2020 in Alltagsartikeln in der EU verboten (Anhang XVII der REACH-Verordnung).

SCCP (kurzkettige chlorierte Paraffine): Artikel mit einer Konzentration von 0,15 % oder mehr dürfen in der EU nicht in Verkehr gebracht werden (POP-Verordnung, persistente organische Schadstoffe).
Informationen über erkannte Chemikalien:

Phthalate: Phthalate oder Phthalsäureester sind eine Gruppe von etwa 40 chemischen Substanzen, die hauptsächlich als Weichmacher für PVC verwendet werden. Einige von ihnen wirken endokrin schädigend, was bedeutet, dass sie den Hormonhaushalt im Körper stören können; sie können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und das ungeborene Kind schädigen, indem sie beispielsweise die sexuelle Reifung behindern. Einige Phthalate zeigen antiandrogene Effekte wie eine verminderte Testosteronproduktion und können die Hodenfunktion schädigen.

Weichmacher können aus Gegenständen verdunsten; Menschen sind den Substanzen über die Haut ausgesetzt und können sie einatmen.

SCCP sind in geringen Konzentrationen toxisch für Wasserorganismen, stören endokrine Funktionen und stehen unter dem Verdacht, beim Menschen Krebs zu verursachen. SCCP werden neben ihrer primären Verwendung als Schmiermittel bei der Metallzerspanung als Weichmacher und Flammschutzmittel in PVC-Artikeln verwendet. Im Jahr 2017 einigten sich die Regierungen darauf, SCCP im Stockholmer Übereinkommen zur weltweiten Beseitigung aufzunehmen. Damit zählen SCCP zu den gefährlichsten Chemikalien der Welt. Das Inverkehrbringen von Artikeln, die SCCP oberhalb einer Konzentration von 0,15 % enthalten, ist seitdem verboten.